Montag, 7. Juli 2008

La Paz, Bolivien, 5000Km

Hola de La Paz
Lange ists her seit unserem letzten Bericht und in der Zwischenzeit ist viel passiert!

Auf dem Camping in Salta trafen wir Steffi und Peter aus Bern, die mit ihrem Landy unterwegs sind und ebenfalls auf den bolivianischen Altiplano wollten. Nichts lag naeher, als eine Fahrgemeinschaft zu bilden und so nahmen wir den Aufstieg an die Grenze Boliviens gemeinsam in Angriff. Bereits als sich der Schlagbaum hinter uns wieder auf die Gabel senkte, wurde klar, dass ab sofort mit anderen Verhaeltnissen zu rechnen sei! Bolivien ist ein Land der Extreme, das Mittelmass scheint hier abgeschafft worden zu sein. So war denn die Piste rauf nach Uyuni entsprechend haesslich, die Landschaft dafuer jedoch umso umwerfender! Bemerkenswert ist auch, dass keine Wegweiser existieren. So verpassten wir den Pistenabzweiger, welcher auf direktem Weg nach Uyuni gefuehrt haette, und wir mussten uns mit einem Umweg abfinden. Entsprechend seiner Klassifizierung auf der Landkarte (Hauptverbindungsstrasse), war die Piste zu Beginn ziemlich passabel. Bald jedoch wand sie sich - schmal und ziiiiiiiemlich abschuessig - ein enges Tal hinauf, um sich schliesslich mit dem Flussbett zu vereinen. Die ersten Flussdurchfahrten erwiesen sich noch als ziemlich unproblematisch. Bei der fuenften Querung jedoch wurde es fuer unseren Barry richtig brenzlig. Wir tauchten derart tief in den Bergbach ein, dass uns das Herz einen Moment stehenblieb, und wir ueberzeugt waren, dass der Motor sogleich das selbe tun werde.
Doch begleitet von unseren Stossgebeten wuchtete sich der rote Bus aus dem Bach und unser Adrenalinpegel begann sich langsam zu normalisieren. Doch Wasser war in den Ansaugtrakt gelangt und aus dem Motorraum waren ein paar recht merkwuerdige Geraeusche zu vernehmen... Als wir den Luftfilterkasten entleerten, verschwand auch das Klippern im Motor – wir hatten noch mal Glueck gehabt! Trotzdem stellte sich die Frage, ob es wirklich sinnvoll sei, auf dieser Piste weiterzufahren, denn ein Ende der Flussquerungen war nicht abzusehen. Zwei Indio-Jungs hatten mit der Steinschleuder eine Taube geschossen, und waren dabei, diese fuer die Kueche von ihrem Federkleid zu befreien. Sie hatten der Badeaktion der vier Gringos vergnuegt zugeschaut und meinten nun lakonisch, dass wir zwar auf dem richtigen Weg seien, der Fluss im Moment jedoch schon „eher viel Wasser fuehre“. Und so machten wir uns auf den zweittaegigen, holprigen Rueckweg zum richtigen Abzweiger nach Uyuni – Bolivien haelt jung!

Es folgten noch viele holprige Stunden auf den bolivianischen Wellblechpisten, bevor wir Uyuni erreichten. Doch die Fahrt auf dem Salar de Uyuni – dem groessten Salzsee der Welt – entschaedigte fuer alles, selbst fuer die beiden gebrochenen Stossdaempfer an Pesches Landy! Mit 80 Sachen ueber die weisse Ebene brausen, auf den ploetzlich auftauchenden Inseln durch die Kakteenwaelder wandern und Nachts mausbeinallein auf dem mondbeschienenen Salar campieren, das alles war schon ziemlich abgefahren!!!

Nachdem die arme Steffi ihre haessliche Lebensmittelvergiftung (?) auskuriert hatte, verliessen wir Uyuni auf die selbe Weise, wie wir angekommen waren: auf einer Wellblechpiste! Da wir im Durchschnitt nur 30Km/h fahren konnten, brauchten wir mehrere Tage, um die Asphaltstrecke nach La Paz zu erreichen! Auch unser L300 zollte schliesslich seinen Tribut an die bolivianischen Hochlandpisten: Durch die ewigen Vibrationen brach die Feststellschraube fuer den Alternator ab. Doch auch der Mensch kriegt hier oben sein Fett weg, denn man befindet sich permanent auf einer Hoehe um 4000 Meter. Waehrend des Tages sind die Temperaturen recht angenehm, doch kaum legen sich die Schatten ueber die Landschaft, erstarrt alles augenblicklich unter der klirrenden Kaelte. Die Temperaturen fallen locker 15 Grad unter Null, was fuer das Campieren im Auto so einiges an Unannehmlichkeiten mit sich bringt: die Scheiben gefrieren zu, ebenso das Trinkwasser und der Behaelter fuer die Kontaktlinsen...
Umso mehr bewundern wir die Menschen, welche jahrein jahraus diesem Klima ausgesetzt sind. Das einzige, womit sie sich vor der Kaelte schuetzen koennen, sind ihre farbigen Roecke, von denen sie dafuer gleich fuenf uebereinander tragen.
Endlich auf der Asphaltstrasse angelangt, wollten wir eigentlich Potosi, die Minenstadt, besichtigen. Doch ebendiese Mineure waren – wohl zu Recht – mit ihrer momentanen Situation sehr unzufrieden und machten ihrem Unmut auf ihre Weise Luft. Zwar waren die Zufahrtsstrassen zur Stadt nach 10 Tagen Vollblockade bei unserer Ankunft gerade wieder geoeffnet worden. Doch zwei ausreisende Schweizer, die 10 Tage unter Dynamitlaerm in der Stadt eingesperrt waren, rieten uns von einem Besuch eindringlich ab, denn die Probleme waren alles andere als geloest.
So drehten wir um und kurz vor La Paz trennten wir uns von Peter und Steffi, welche nach Chile abbogen. Mit ihnen waren wir nun zwei Wochen unterwegs und wir hatten ihre Begleitung sehr genossen! Trotzdem hielten sich die Sentimentalitaeten in Grenzen, denn als Reisender mit Auto muss man sich in Suedamerika trotz den enormen Distanzen schon fast absichtlich aus dem Weg gehen, um zu verhindern, dass man sich ein zweites Mal trifft!
Die Einfahrt – oder besser gesagt die Abfahrt – nach la Paz war eine Klasse fuer sich: Mitten in der bolivianischen Hochebene liegt ploetzlich ein Riesenloch, an dessen Haengen die Millionenstadt klebt. Schneckenhausmaessig windet sich die Strasse hinunter und ganz unten – auf laecherlichen 3200 Metern - befindet sich das Hotel Oberland, wo wir eine Auszeit nehmen und uns in dem schon fast mediterranen Klima erholen wollten.
Aber es waren erneut Streiks angekuendigt und zwar diesmal landesweit. Um nicht eingeschlossen zu werden und trotzdem ausspannen zu koennen, entschieden wir uns, das Auto stehen zu lassen und einen einheimischen Bus ins bolivianische Tiefland zu nehmen. So koennten wir notfalls die Blockaden zu Fuss umgehen und trotzdem weiterkommen. Die Fahrt nach Rurrenabaque allein war ein Erlebnis fuer sich. Der Weg fuehrte ueber die offiziell „gefaehrlichste Strasse der Welt“, welche in 64 Km 3600 Hoehenmeter hinter sich laesst. Die Piste an sich ist gar nicht mal so uebel, doch die Rueckfahrmanoever ueber mehreren hundert Metern Abgrund lieferten Nervenkitzel par excellance! Trotzdem genossen wir nach dem kargen Altiplano das leuchtende Gruen des Dschungels auf 100 Metern ueber Meer und auch der Klimawechsel war Balsam fuer die geschundenen Koerper! In Rurre buchten wir schliesslich zwei Bootstouren durch die Pampa und den Dschungel, um das Amazonasbecken und dessen enorme Artenvielfalt etwas naeher kennenzulernen.
Die Viecher liessen sich dann auch nicht lange bitten: kaum sassen wir in dem schmalen Motorkanu, tauchten auch schon die ersten Alligatoren und Kaimane auf. Es folgten Flussdelfine, Papageien, Affen, Piranhas und Anakondas – die Vielzahl war schlicht abnormal! Die Piranhas landeten auf dem Grill und auch mit den Anakondas gingen wir auf Tuchfuehlung.
In der Nacht huepften wir erneut ins Kanu und suchten den Fluss nach den leuchtenden Augen der Alligatoren ab. Wir hatten uns einem kleinen Exemplar auf ein paar Zentimeter genaehert als die Haende unseres Guides ins Wasser schossen und das Viech an Bord hieften. Der Alligator hielt auch brav still und wurde zu Fotozwecken in die Runde gereicht, als passierte, was passieren musste: Irgend einer liess den verdammten Alligatoren ins Kanu fallen! Riesenaufstand, der Alligator schoss durchs Kanu und schnappte um sich, Carla war dem Geschehen am naechsten und wurde auch beinahe in den Arsch gebissen. „Schnischnaschnappi“ konnte schliesslich vom Guide gepackt und groessere Personenschaeden verhindert werden!
Nach dieser Aufregung und einem traumhaften Flug zurueck nach La Paz sitzen wir nun wieder im Hotel Oberland und lassens uns gut gehen. Und - wer haette das gedacht - Peter und Steffi sind inzwischen auch hier und auch der Pajero von Erwin, Isa und Schaeferhund Ricco aus Solothurn hat den Weg ins Oberland gefunden. Zwei, drei Tage werden wir hier wohl noch bleiben, eventuell das Auto durchchecken lassen und uns dann langsam – via Dschungel – auf den Rueckweg begeben!